Eine der bekanntesten Handwerkstraditionen ist in Saale-Unstrut verankert: die Bürgeler Keramik. Wer Bürgel hört, hat sicherlich sofort das Bild von weißen Tupfen auf blauem Untergrund vor Augen. Noch heute pflegt Bürgel das Kunsthandwerk und das Design. Wie alles begann und was wir heute vor Ort entdecken können…
Vielen Menschen in Saale-Unstrut ist nicht bewusst, dass die Region schon seit jeher ein Zufluchtsort für innovative Entwicklungen war, die auf traditionellem Handwerk aufbauten. Am Beispiel der Keramik lässt sich das gut verdeutlichen. Die authentischen Orte sind zudem immer noch erlebbar.
Bürgel besitzt die besten Voraussetzung für das Keramikhandwerk: Ton von außergewöhnlicher Qualität, Holz für den Brennvorgang und die Lage an bedeutenden Handelswegen sicherten bereits vor 400 Jahren den Absatz. Zunächst wurde Alltagskeramik hergestellt, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Nicht nur einmal standen die heimischen Keramiker kurz vor dem Aus, konnten aber mit Kreativität und Pragmatismus das Schlimmste verhindern.
Das blau-weiße Dekor entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts und wurde durch Henry van den Velde während des Jugendstils wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Während jedoch zur Zeit des Nationalsozialismus eher eine bäuerliche Ästhetik in Blau auf Weiß gewünscht war, kehrte zur Zeit der DDR die ursprüngliche Farbigkeit zurück und avancierte zum beliebten Exportschlager – so sehr, dass es vor Ort kaum erhältlich war und deshalb gern als Tauschmittel für andere seltene Waren eingesetzt wurde.
1880 eröffnete das Keramik-Museum - mit einer Schausammlung von Mustern aus aller Welt. Der Töpfermarkt, der jedes Jahr im Juni stattfindet, ist seit 1971 etabliert. Seit 1995 zeichnet das Keramik-Museum sogar die handwerkliche und künstlerische Qualitätskeramik mit dem einzigen mitteldeutschen Keramikpreis aus.
Das Keramik-Museum Bürgel verfügt über die größte öffentlich zugängliche Sammlung von Keramiken nach Entwürfen des Gestalters Henry van de Velde. Für einen Rundgang durch die Ausstellungsbereich empfiehlt sich der Audioguide mit wertvollen Informationen rund um das berühmte Blau-Weiß. Seit Mai setzt sich eine Sonderausstellung mit keramischen Kuriositäten rund ums Kindsein auseinander. Oder wissen Sie, was eine Sparbrust ist?
1920 entschied man sich, im ehemaligen Marstall in Dornburg eine kunsthandwerkliche Ausbildungsstätte der Weimarer Bauhaus-Universität einzurichten. Ziel war es, handwerklich gebildete Künstler bzw. künstlerisch gebildete Handwerker hervorzubringen – ein geeigneter Platz konnte im kleinstädtischen Dornburg gefunden werden. Die Menschen beäugten die Bauhaus-Studenten argwöhnisch und nahmen nicht nur wegen öffentlichen Nacktbadens in der Saale Anstoß. 1923 zeichnete sich durch die Arbeit ein Technologiesprung von der Töpferscheibe zur Gusskeramik ab und es entstanden Prototypen für die serielle Produktion. Mit der Bauhaus-Keramik-Werkstatt verbinden sich namhafte Künstler wie Gerhard Marcks, Max Krehan und Otto Lindig, aber am Dessauer Standort wurde sie nicht fortgeführt.
1949 übernahm die Familie Körting die Werkstatt. Sohn Ulrich Körting arbeitet bis heute in der Werkstatt und erfüllt das Museum mit künstlerischem und handwerklichem Leben. Er macht mit zahlreichen Erinnerungen und viel handwerklichem Wissen das Bauhaus-Werkstatt-Museum zu einem lebendigen Ort und kann erzählen, wie der Zeitteufel entstand und was ein Muffelofen ist.
Falls Herr Körting einmal zu viel in der gläsernen Werkstatt zu tun hat, bietet der Audioguide spannende Einblicke und Zeitzeugenberichte. Kinder können sich mit einem kindgerechten Audioguide auf Spurensuche begeben.
Mit dem Aufkommen des Porzellans hatte es das Keramikhandwerk schwer. Auch den Betrieben in Bürgel erging es so. Heutzutage ist das Porzellan aus fast keinem Haushalt mehr wegzudenken. In Saale-Unstrut hat es eine eigene Tradition, denn schon seit 180 Jahren wir in Kahla Porzellan hergestellt.
Unweit davon – auf der Leuchtenburg in Seitenroda – widmen sich die Porzellanwelten dem „weißen Gold“. Sie geben so manches Geheimnis zur Zusammensetzung und der Herstellung von Porzellan preis. Auch die kleinste Porzellan-Teekanne und größte Vase aus Porzellan haben auf der Leuchtenburg ein Zuhause gefunden. Welche Wünsche der Steg der Wünsche erfüllt, dies bleibt jedoch allen Nicht-Eingeweihten ein Rätsel …